sylvia doebelt

fotografie

00 blanks Diplomausstellung 2009
00 blanks Diplomausstellung 2009

blanks

Von einem gespenstischen Aufstand scheinen die großformatigen Fotografien zu zeugen, von der Rebellion gegen die optischen Gesetze der Perspektive, vom Streit der Fläche gegen den Raum.

Dabei liegt alles ganz offen da: Die scheinbar weißen, rechteckigen Bilder in den fotografischen Interieurs geben sich als digitale Projektionen eines Videoprojektors zu erkennen, deren Schatten sich als hellgraue, trapezförmige Aureolen um die leuchtenden Flächen herum vom dunklen Raum leicht abheben. Blickt der Betrachter von Nahem auf die immaterielle Erscheinung, so entdeckt er das elektronische Raster des Projektors, die den leuchtenden Bildern eine gewebeartige Struktur verleihen, als wären es leere Leinwände (blank canvas). Doch so leer sie auch scheinen mögen, sind sie doch befüllt: zufällige Interferenzmuster scheinen die Projektionen zu überlagern.

Es bleibt jedoch unklar, wo genau das Bild verortet ist, denn unsere Wahrnehmung wird von der Art und Weise irritiert, wie die leuchtenden Flächen die Struktur der Räume ignorieren und sie souverän überlagern: Vorsprünge und Winkel, Pfeiler und Ecken verlieren ihre Form. Dabei bleiben sie trotzdem perfekte Rechtecke und sind als Erscheinung Teil des Raums. Ihr helles Licht wird reflektiert und strahlt in die Tiefe des Raums aus. Sie sind als lichte Bilder im Raum präsent, und nicht einfach Effekte einer digital in das Bild kopierten Fläche.

Die auf diese Weise sichtbar gemachten Räume lassen sich anhand der architektonischen Struktur und spärlich verteilter Details als Ateliers einer Akademie identifizieren: anatomische Präparate, Keilrahmen und Leinwände, Rollen von Papier, große Tische, Nägel in der Wand, die Fließen der Böden...

An den Orten, wo über Jahrhunderte hinweg die Gesetze der Perspektive gelehrt wurden, aber auch die Tricks, mit ihr zu spielen und das Auge des Betrachters zu täuschen, hat nun die neue Mathematik des digital gerechneten Bildes Einzug gehalten. Auch wenn sie sich im ersten Augenblick frech und triumphierend im Raum präsentiert, so ist ihr Auftritt doch ganz auf die eine Optik des Kameraauges hin berechnet, um ihre Illusion erst perfekt zu machen.

So sind die 'blanks' hybride Bildgeschöpfe des Übergangs, eines Übergangs von unserer durch die analogen Gesetze der Optik geschulten Wahrnehmung hin zum beginnenden Zeitalter der Simulation. Während dieser Wandel bestehende Regeln beugt und zugleich neue schafft, bleibt die Frage nach den technischen wie gesellschaftlichen Mechanismen, mit denen Bilder „gemacht“ werden, gleichbedeutend wichtig. Bilder, vor allem Fotografien, sind nicht nur in einen spezifischen Kontext von Bedeutung, Benutzung und Funktion eingebettet, sondern generieren ihrerseits diesen Kontext mit. Während zwar die Skepsis gegenüber der Fotografie erst mit dem digitalen Zeitalter selbstverständlich geworden ist, waren doch Bilder schon immer ein Spielfeld der Manipulation und Beeinflussung.

Der „Trick“ in diesen Bildern liegt jedoch nicht auf der digitalen Ebene, obwohl das Digitale präsent ist. Die Diskrepanz zwischen den projizierten „Bildern“ und der fotografischen Raumabbildung generiert eine Unstimmigkeit in den Fotografien, die die verschiedenen Ebenen von Verweis und Bedeutung, von Abbildung und Bild hinterfragen, die in ihnen miteinander verflochten sind.



8 c-prints 133 x 100 cm 4 c-prints 100 x 75 cm 2009

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09 blanks-Malewitsch
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10 blanks-Neman
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11 blanks-Melville
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12 blanks-Vanitas
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